Antikenwissen im römischen Mittelalter zwischen Archäologie und „Intellectual History“  

3D-Rekonstruktion des Nerva-Forum, Blog Imperio Romano de Xavier Valderas
3D-Rekonstruktion des Nerva-Forum, Blog Imperio Romano de Xavier Valderas

Vortrag von Manfred Luchterhandt

12. Apri 2018, 18.00 Uhr

Gobelin-Saal des Bode-Museums

Die Wahrnehmung antiker Bildwerke im römischen Mittelalter wurde bisher vorwiegend als Deutungs- und Aneignungsgeschichte gelesen, wobei politischer Zweck und transformative Distanz dieser Aneignung im Mittelpunkt standen. 

 

Vor dem Hintergrund aktueller Forschungen in der Mittelalterarchäologie soll jedoch die Frage gestellt werden, wie umfangreich das Antikenwissen im römischen Mittelalter überhaupt noch war, wann es verlorenging und wann es durch eine „literarische Archäologie“ kompensiert wurde. Fallstudien zeigen, dass das Wissen damaliger Betrachter um ihr Nicht-Wissen, um ihre kulturelle Distanz zum Original größer war, als vermutet, und dass ihr Versuch, Antiken zu „verstehen“ neben der Lektüre klassischer Autoren auch Ansätze zu einer vormodernen Hermeneutik erkennen lässt. Der Vortrag schließt mit neuen Erkenntnissen zur Identifizierungsgeschichte des Marc Aurel im 15. Jahrhundert und zu seinem mittelalterlichen Standort.

 

Manfred Luchterhandt lehrt seit 2011 als Professor für Kunstgeschichte des Mittelalters an der Georg-August-Universität Göttingen. Nach seinem Studium der Kunstgeschichte, Germanistik und Archäologie in Würzburg, Padua und Rom wurde er 1997 mit einer Dissertation über den Dom zu Parma promoviert. Seine aktuellen Schwerpunkte sind das römische Frühmittelalter und die päpstliche Hofkultur, die transkulturellen Beziehungen im Mittelmeerraum vor 1000 und das Verhältnis von Kunstförderung und historischer Erinnerung.