Vortrag von Helmut Börsch-Supan
19. November 2015, 18:00 Uhr
Gobelin-Saal des Bode-Museusm
Hugo von Tschudi nannte im Einleitungstext zu der berühmten Jahrhundert-Ausstellung deutscher Kunst 1906 Carl Blechen eine „fesselnde, wenn auch beunruhigende Erscheinung“ und meint, er habe „es noch zu keinem Stil gebracht, obwohl ihm das Streben nach Stil im Blute liegt“. Damit spielt Tschudi auf die Kürze der Schaffenszeit Blechens (ca. 1822-ca. 1838) an, vernachlässigt aber die Persönlichkeitsstruktur, um statt dessen eine Rolle in einer auf die eigene Zeit zulaufenden Entwicklung zu betonen. Blechen als ein Menzel vor Menzel ist immer noch ein beliebtes Schlagwort.
Die von dem Maler ausgehende Faszination ist ungebrochen, seine künstlerische Potenz ist unbezweifelbar, aber das vermeintliche Fehlen eines geradlinig sich entwickelnden Stils hat bis heute nicht zu einer chronologisch geordneten Werkübersicht und einer ihr entsprechenden inneren Biographie geführt. Unklarheit hat viele irrige Zuschreibungen von Werken der Nachahmer zur Folge gehabt. Als Vorarbeit zu einem dringend benötigten Werkverzeichnis, das den 1940 im zweiten Jahr des Zweiten Weltkriegs übereilt herausgebrachten Œuvrekatalog ersetzt, ist eine auf Quellen gestützte Geschichte des Sammelns und Verstehens von Blechens Kunst erforderlich.
In einer Einleitung und einer Abschlussbetrachtung werden das rasche Aufblühen seiner Kunst um 1826 und ihre Problematik nach der Rückkehr aus Italien 1829 beleuchtet.
Prof. Dr. Helmut Börsch-Supan, bis zum Eintritt in den Ruhestand Kustos und Stellvertretender Direktor der Berliner Schlösserverwaltung, ferner Honorarprofessor an der Freien Universität, zählt zu den herausragenden Kennern der Malerei des 18. und 19. Jahrhunderts in den deutschsprachigen Ländern. Sein besonderes wissenschaftliches Interesse gilt Caspar David Friedrich, dessen Werkverzeichnis er erarbeitete und publizierte. Über einen langen Zeitraum gehörte er dem Vorstand der Kunstgeschichtlichen Gesellschaft zu Berlin an.