Kuratorenführung durch Achim Stiegel in der Ausstellung „Lob der Guten Herrschaft. Die Lackkunst des Gérard Dagly im Berliner Schloss“
28. September 2016
Der in Spa im heutigen Belgien geborene Gérard Dagly (um 1660 bis 1715) war ein Meister der Lackkunst . Mit seiner im Sommer 1687 vorgenommenen Bestallung gelang es dem brandenburgische Kurfürsten Friedrich Wilhelm kurz vor seinem Tod die Berliner Hoflackwerkstatt als erste ihrer Art in Europa zu begründen. In den fünfundzwanzig Jahren ihres Bestehens entstanden Lackmöbel, Vertäfelungen und Zierobjekte in einem Stil, der in seiner Umsetzung ostasiatischer Vorbilder wegweisend war. Als kurfürstlicher Kammerkünstler – der seit 1688 regierende Friedrich III. bestätigte ihn bald in dem Amt – war Gérard Dagly verpflichtet, „Tische, Tabletten, Gueridons, Cabineten oder es sey was es wolle, zu firnissen und zu lacken“. Wenige Jahre später wurde Dagly zum „Intendant der Ornamenten“ ernannt und hatte damit – wie es seine Ernennungsurkunde formuliert – die „fleissige Aufsicht“ auf „Zierrathen und Kostbahrkeiten“. Diese ihm 1696 übertragene Auszeichnung würdigt Daglys Beitrag in dem zur barocken Residenz heranwachsenden Berliner Schloss: Seine beiden Hauptwerke dort sind das Chinesische Kabinett und das Antikenkabinett.
Daglys Schaffen stand im Dienst barocker Repräsentation und eines Herrscherlobs, das den mit Erfolg nach der Königswürde strebenden brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III. und späteren König Friedrich I. (seit 1701) als Bewahrer der Antike preist und darin seinen Herrschaftsanspruch untermauert. Diese über die dekorative Funktion einer „zu großen Potentaten Belustigung erfundenen Laquir Kunst“ hinausweisende Qualität im Œuvre Daglys steht im Mittelpunkt der Ausstellung. Sie wirft einen Blick auf den weit gespannten kulturellen Hintergrund, in dem sich europäische Antikentradition und die Faszination der fernöstlichen Welt verbinden. Zentrales Werk ist der heute im Berliner Kunstgewerbemuseum in Schloss Köpenick gezeigte Münz- und Medaillenschrank aus dem Antiken- und Medaillenkabinett der königlichen Kunstkammer im Berliner Schloss. Mit seiner für Europa ungewohnt spannungsreichen Komposition der Bildflächen auf Schwarzlack ist der Münzschrank der sehr frühe Beleg einer ernsthaften künstlerischen Auseinandersetzung mit ostasiatischen Vorbildern. Seine Bildsprache speist sich aus japanischer und chinesischer ebenso wie aus antiker und europäischer Bildtradition. Gemeinsam mit dem Radmonogramm im Zentrum wird deutlich, zu welchem Zweck das Möbel entstand: als Huldigung an Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg.
Das für den späteren Kurfürsten Friedrich III. erbaute Schloss Köpenick ist mit seiner Fülle von Bezügen der ideale Ort für die Präsentation. Neben Aufnahmen des verlorenen Chinesischen Kabinetts aus dem Berliner Schloss und zeitgenössischen Stichen des Antikenkabinetts werden etliche der in den historischen Darstellungen sichtbaren Kunstwerke aus verschiedenen Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin und der Staatsbibliothek sowie weiterer Leihgeber präsentiert. Hierzu gehören die Prachtausgabe des Thesaurus Brandenburgicus, antike Gold- und Silbermünzen, Skulpturen und Gemmen, eine ägyptische Mumienmaske, chinesische und japanische Porzellane und Lackarbeiten wie auch ein weiteres Möbel von Gérard Dagly.